WARUM AUF DIESER FARM IN BRANDENBURG MOOS GESCHOREN WIRD

Sie sind grün und weich und wachsen im brandenburgischen Bestensee vertikal hängend in rechteckigen Matten: Die “Zackenmütze” und das “Goldene Frauenhaar” oder auch der “Runzelbruder”. Was klingt wie aus einer Märchenwelt entsprungen, sind drei von weltweit über 16.000 Moosarten. Sie wachsen üblicherweise recht ungestört und gemächlich in Wäldern oder Mooren vor sich hin, hier aber gedeihen sie unter optimalen Bedingungen und werden für ihren Einsatz in verschiedenen europäischen Städten vorbereitet. Ausgerechnet das eher unauffällige Moos nimmt bei uns die Rolle des Leistungsträgers ein, um den sich alles dreht.

Und das zu Recht. Moos kann Partikel aus der Luft binden und filtern wie keine andere Pflanze. Es speichert Wasser und dient durch die Verdunstungskühle als natürliche Klimaanlage. Weil es sich nicht wie viele andere Pflanzen über Wurzeln überlebensnotwendige Nährstoffe aus dem Boden zieht, sondern alles was es benötigt über die Luft aufnimmt, kann es Schadstoffe und Feinstäube reduzieren. Die Oberfläche aus vielen feinen, dünnen Blättchen dient dabei als elektrostatisch geladenes Fangnetz. Der Großteil des eingefangenen Feinstaubs wird verstoffwechselt, dass heißt das Moos wächst an dem Dreck in der Luft, der uns Menschen erheblich schadet.

MOOSE ALS LUFTVERBESSERER

Diese besonderen Fähigkeiten des Mooses nutzen wir, um die Luft in Städten zu verbessern. Es wird in Form der Moosmatten in spezielle Bio-Filter eingehängt. Ein Ventilationssystem saugt die verschmutzte und im Sommer aufgeheizte Stadtluft an und führt sie durch die dichte Moosschicht. Die Luft, die das Moos verlässt ist sauberer und frischer. So wird Luftqualität in der Stadt ganz gezielt dort verbessert, wo sich viele Menschen aufhalten und wo anderes Grün es aufgrund des vielen Betons schwer hat, Wurzeln zu schlagen. In Berlin, London, Graz und zahlreichen anderen Städten sind die Moosfilter bereits im Einsatz. 

Die verwendeten Moose werden in der wohl einzigen Moosfarm der Welt nahe Berlin angebaut. Und hier beginnt alles mit der Moosschur. Dabei werden die Spitzen der besonders dichten, satt-grünen Mutterkulturen mit einer Schermaschine, ganz wie bei den Schafen, geschoren. Die abgeschnittenen Moosteile werden einige Zeit getrocknet und dann – scheinbar wenig lebendig – in das Trägergewebe einer luftdurchlässigen Matte eingebracht. Dort wächst ein flauschig-dichter, grüner Moosteppich heran, der bereit ist, an seinem zukünftigen “Arbeitsplatz” im urbanen Raum zu wirken. In der Natur würde es Jahre dauern, bis ein Moosteppich dieser Größe und Dichte entstanden ist, in der Moosfarm klappt das unter besten Bedingungen in nur 12 Wochen.

Moose sind das grünste und nachhaltigste Mittel für Luftreinigung und -kühlung. Anders als bei konventionellen Filtern entsteht kein Filtermüll. Das Wohlbefinden der Moose wird in den Filtern von smarter Technologie digital überwacht. Je nach Witterung werden sie dann bedarfsgerecht versorgt und müssen daher nur etwa alle halbe Jahre ausgetauscht werden. Die Moose werden allerdings nicht entsorgt, sondern erholen sich einige Zeit in der alten Heimat, der Moosfarm. Nach ihrer kleinen Kur sind sie dann wieder bereit für die Jagd auf dreckige Luft in der nächsten Stadt.