SÄNGERS ZWISCHENTÖNE

Unseren Bäumen geht es gar nicht gut. Die Indizien häufen sich, dass die wichtigste natürliche Waffe im Kampf gegen die Erderwärmung nicht nur im Amazonas, durch Rekord-Abholzung und von Gier getriebenen politischen Entscheidungen, sondern auch vor unserer Haustür an Abwehrkraft einbüßt. In Berlin wird alle fünf Jahre ein Straßenbaum-Zustandsbericht angefertigt. Via Colorinfrarot-Luftbildern (CIR) und parallelen Stichprobentest, wird die Gesundheit von Stadtbäumen untersucht. Ergebnis: Erstmals sind mehr als die Hälfte der grünen Riesen der Stadt geschädigt. Die Umweltverwaltung spricht von einer „massiven Verschlechterung der Baumgesundheit in den vergangenen Jahren“. Starke und lange Hitzeperioden im Sommer, und gegen Glätte eingesetztes Tausalz in eisigen Wintern trocknen die Bäume aus und machen sie anfällig für Parasiten. Zusätzlich stresst der starke Anstieg des innerstädtischen Verkehrs Linden, Ahorne, Rosskastanien und Platanen in Berlin. Ein verheerendes Bild. Unsere natürliche Grundlage für Lebensqualität in Städten ist in großer Gefahr: Die jetzt spürbaren Folgen des Klimawandels werden diesen Trend massiv beschleunigen – was tun wir?  

GRÜN, GRÜN, GRÜN- ABER WOHIN?

Gefragt, danach, wie sie sich ein Leben in der Stadt in 2030 vorstellen, sehen viele rot – ich sehe grün. Wir brauchen grün, grün, grün. Wer würde da schon widersprechen? „Denn das Grün in einer Stadt, schafft Lebensqualität, bietet Raum für Ruhe und Erholung, für Sport- und Freizeitaktivität, schafft Begegnungs- und Kommunikationsorte, leistet Hitze- und Überschwemmungsvorsorge, schützt Ressourcen, die wie Boden und Wasser unsere Lebensgrundlage darstellen und bewahrt die biologische Vielfalt“. So wird es treffend im Grün- und Freiflächenentwicklungskonzept der Stadt Augsburg festgehalten. Und doch steuern wir in die entgegengesetzte Richtung. In Deutschland machen die Flächen, auf denen Menschen vorrangig leben und wirken, also Siedlung und Verkehr, bezogen auf die Gesamtfläche, 14,4 % aus. Fast die Hälfte (45%) dieses Lebensraums sind versiegelte Flächen, die keinen Raum für Wurzeln, Wasser, Wachstum lassen. In den letzten 30 Jahren hat die Bodenversiegelung in Deutschland um 4.622 km² zugenommen. Das sind im Schnitt 178 km² pro Jahr – 125 mal die Fläche des Hide Parks in London. Vor dem Hintergrund der Wohnraumknappheit, ist es nicht kühn anzunehmen, dass diese Entwicklung sich fortsetzt.

Die Versiegelung stresst Stadtbäume und erschwert erfolgreiche Baumpflanzungen im Stadtraum. Ein Baum ist nicht von heute auf morgen mit einer ausladenden, schattenspenden Krone gesegnet. Bis zu diesem Stadium braucht ein neu-gepflanzter Jungbaum gut zehn Jahre. In dieser Zeit braucht es gute Wachstumsbedingungen, um zu einem stattlichen, gesunden Straßenbaum heranzuwachsen. Neben ökologischen Faktoren spielt hier auch die Ökonomie eine Rolle.  Denn die  Pflanzung und Pflege eines Baumes können einer Stadt dann bis zu 30.000 Euro kosten. Die ansteigenden Temperaturen in Städten machen den Wachsenden zudem besonders zu schaffen. In Wien, eine der grünsten Städte Europas, sind Jungbäume in diesem Sommer reihenweise eingegangen. Aus Berlin kommen ähnliche Nachrichten.

UNTEN OHNE, OBEN MIT?

Das Stadtgrün scheint einen ähnlichen Weg zu gehen, wie der Wohn- und Arbeitsraum in verdichteten, versiegelten urbanen Raum. Ist unten nichts mehr frei, dann eben nach oben. Schon mal von dem prestigeträchtigen, grüne Architekturprojekt Bosco Verticale gehört? Sicher. Die begrünten Zwillingstürme, gebaut zur Weltausstellung 2014, in Mailand. Viel mehr als Prestige bleibt aber auch nicht übrig, wenn man sich vor Augen führt, wie teuer das Grün der „Farmscraper“ im Bau und Wartung ist.  Auf jede Mieteinheit entfallen etwa 1.000 Euro zusätzlich für die Pflege der Grünanlage

Mir erscheint es nachhaltiger Hausfassaden und -Dächer zu begrünen als Bäume auf 50 Meter zu hieven. Das Konzept ist nicht neu und gewinnt doch aktuell stark an Bedeutung. Grün ummantelte Gebäude bieten großflächige Kühlung nach innen und außen, schaffen Raum für Biodiversität, sorgen für soziales und psychologisches Wohlergehen und steigern die Luftqualität für Stadtbewohner:innen. Eine wirklich schöne Vorstellung, die Straßenschlucht in grün zu hüllen. Doch auch die Fassadenbegrünung ist noch zu umständlich und zu teuer als dass sie in die breite (oder hohe) Anwendung schafft. Das werden wir ändern!

MOOS: GROSSE WIRKUNG AUF KLEINEM RAUM

Moos ist für die Vertikale ideal geeignet. Das haben wir mit unseren Moosfiltern CityTree und CityBreeze und auch in der Moosfarm, in der unsere Moose vertikal wachsen, hinlänglich bewiesen. Ein weiterer Vorteil: In der Regel verfügen die Moose nicht über Stützgewebe: Die meisten Moose sind klein und wachsen flach. So sind sie also darauf angewiesen aus kleiner Fläche, die größtmögliche Wirkung zu ziehen.

Da Moose keine Wurzeln im eigentlichen Sinne besitzen, ziehen sie Nährstoffe aus der Luft und können Überlebenswichtiges – wie Wasser – sehr effektiv und lange speichern. Durch seine viele feinen, dünnen Härchen wirkt Moos wie ein Schwamm. Das ist die Grundlage dafür, dass Moose die besten natürlichen Luftreiniger, Luftbefeuchter und Lufterfrischer sind. Das machen wir uns zu Nutze und vervielfachen den natürlichen Effekt durch Internet-of(-Living)-Things-Technologie.

Gerade haben wir die erste Entwicklungsphase für unser Fassadenmodul, den WallBreeze, abgeschlossen. Über eine aktive Belüftung und Bewässerung sind die Module witterungsunabhängig einsetzbar. Die verbaute Sensorik sammelt Umweltdaten und liefert den Wirknachweise gleich mit. Durch regelmäßige Performance Reports, die die Menge an gereinigter Luft und gefilterten Schadstoffen zeigen, wollen wir weiter für das Thema Luftqualität sensibilisieren. So werden Fassaden, die mit unseren grünen, dichten Moos-Modulen ausgestattet sind, schön, smart und wirksam.

Ein eigens entwickelter Bio-Algorithmus, in dem jahrelange Forschung zu den Vorlieben unserer Lieblingspflanze zusammenläuft, stellt sicher, dass das Moos bestens versorgt wird. Der Wartungsaufwand wird minimiert und lässt sich anhand der Vitalitätsdaten vorhersagen und planen. Wir wollen bessere Luft. Jetzt und für alle. Daher arbeiten wir an Lösungen, die überall in der Stadt eingesetzt werden können, nicht nur im Luxusbezirk. Das Gegenstück zum Bosco Verticale also: Leicht integrierbar, modular aufbaubar und kostengünstig.

Aktuell stehen wir in Verhandlungen zu den ersten Pilotprojekten im öffentlichen Raum (u.a. in Berlin) und können kaum erwarten, von den ersten Projekten zu berichten. Im nächsten Jahr heißt es für uns Large Scale Fresh Air. Wir wollen ganze Fußballfelder an Moos im urbanen Raum integrieren. Auf das keine Wand mehr grau bleibt. So verhindern wir Hitzeinseln und generieren saubere und frische Atemluft für zigtausende Menschen. Wir schaffen ein Stadtklima, das der Nährboden für beste Lebensqualität sein wird. Dann können sich auch die Stadtbäume wieder erholen.